Achtsamkeit in der Pflege?

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Man hört oft, dass man sich doch achtsam verhalten solle. Aber was genau bedeutet das und was hat es mit Pflege zu tun? Genau diesem Thema widmen wir uns heute.

Lassen Sie uns erst einmal die Bedeutung von Achtsamkeit definieren: Jeden Moment bewusst wahrnehmen, ohne ihn zu bewerten. An einem Beispiel erklärt bedeutet das, dass wir z.B. auf einem Waldspaziergang keine Einkaufslisten im Kopf durcharbeiten oder Arbeitsaufgaben des nächsten Tages abklären sollten, sondern eher unsere Konzentration auf die Stille des Waldes, den Wind in den Bäumen oder eine Biene, die vorbeifliegt lenken sollten. Kurz gesagt ist es beruhigend den Moment einmal zu genießen. Das tut der Seele gut.

Genau dieses Konzept auf die Pflege anzuwenden ist gar nicht mal so einfach. Wenn Pflegende oder Gepflegte die Pflegesituation als stressig oder belastend empfinden, kann Achtsamkeit den ein oder anderen Stressfaktor aus genau diese Situation nehmen. Und wir kennen genau diese Momente, in denen alles zu viel wird, nur zu gut. Pflege von nahestehenden Personen oder im familiären Umfeld ist eben genau nicht nur Handwerk, sondern eben auch ganz viel Emotion.

Ist Achtsamkeit (engl. mindfulness) nur Trend?

Achtsamkeit bezeichnet eine Vielzahl an Methoden, um die Reaktionen und die eigene Perspektive im Hinblick auf Situationen des Alltags anzupassen. Hier wird besonders Wert auf Akzeptanz und das Annehmen von Situationen gelegt und ermöglicht somit die Trennung von Gefühl und Handlung. Ekel zu empfinden ist menschlich und absolut normal. Dieses Gefühl in einem Moment anzunehmen und nicht damit zu kämpfen oder in Aggression als Übersprung zu verfallen ist eine große Herausforderung.

Diese Theorie auf die Praxis anwenden ist tatsächlich ein langer Prozess. Allerdings ist genau dieses Vorgehen in einigen Situation nicht besonders großartig. Wenn der Chef mal wieder viel zu viel Arbeit an eine einzelne Person gibt, sollte man das nicht einfach so hinnehmen und akzeptieren, sondern zusammen daran arbeiten, dass hier ein angemessenes Maß an Arbeit zugeteilt wird. So kennen wir das auch direkt aus dem Pflegealltag. Eine Person kann nicht jede Aufgabe der Pflege übernehmen, sie wird daran über kurz oder lang demotivieren und kaputt gehen. Zusammenarbeit ist das Stichwort.

Achtsame Pflege heißt passiv handeln?

Anleitungen oder Ratgeber zu Achtsamkeit sind oftmals von einer gewissen Passivität dominiert. „Aktives Wahrnehmen“ hemmt uns erst einmal zu handeln und zwingt uns zum Durchatmen. Dieser geistige Schritt nach hinten ist aber gar nicht so schlecht, überlegt und ruhiges Handeln ist nämlich oftmals die deutlich bessere Lösung eines Problems. Hierdurch wird das Stresslevel der Situation reduziert, nicht nur für Sie, sondern auch für die zu pflegende Person. Ein Gedankenfluss könnte wie folgt stattfinden: hier ist es laut, es riecht nicht gut, in mir herrscht Unruhe, mein Gegenüber ist traurig, heute ist ein sommerlicher Tag, ich spüre die angenehme Wärme der Sonne, die Blumen im Garten sind heute schön, … lassen Sie Ihre Gedanken and Eindrücke fließen, nur für einen Moment. Dieses Verhalten wird die Intensität der Situation nehmen und Ihnen etwas Entspannung bereiten.

Danach dürfen Sie allerdings wieder handeln. Sortieren Sie Ihre Eindrücke, was hilft Ihnen ein besseres Gefühl zu haben? Was müsste weg, damit es Ihnen besser geht? Sie werden darauf kommen, dass der Stress von vielen kleinen Dingen kommt, gegen die Sie allerdings etwas unternehmen können. Teilen Sie die Probleme in viele kleine, bewältigbare Aufgaben, das wird Ihnen helfen. Dieses Vorgehen wird Ihnen helfen auch auf die zu pflegende Person einzugehen. Denn in der Situation der Pflege sind Sie nicht allein. Es geht um Zusammenarbeit also sprechen Sie Ihre Gefühle auch an. Es ist wirklich etwas banal, aber wenn Sie ein Verhalten, eine Wahrnehmung (riechen, schmecken, hören) als störend empfinden, dann ist es wichtig. Meistens werden Sie merken, dass es auch hier wieder um die Bewältigung kleinerer Aufgaben geht, um die Gesamtsituation angenehmer machen zu können. So können Sie auf simpler Ebene als Team zusammen kommen und miteinander an einer Verbesserung arbeiten.

Praktische Tipps

Durchatmen: Bevor Sie loslegen, atmen Sie drei bis fünf mal tief durch. Das hilft Ihnen sich zu sortieren und dann die volle Konzentration für die zu pflegende Person zu haben.

Bewusst pflegen: Versuchen Sie Ihren Gegenüber bewusst wahrzunehmen. Wie geht es Ihren Liebsten heute und was bewegt sie heute? Ist heute etwas anders als sonst?

Planen Sie einen Tag voraus: Bereiten Sie sich für den nächsten Tag vor und machen Sie sich schon heute Gedanken über die Herausforderungen Morgen. Aber denken Sie daran im Moment mit allen Ihren Sinnen zu bleiben, wenn Sie zusammen sind. Ihre Liebsten haben es wirklich verdient.

Gehen Sie auf gleiche Ebene: Setzen Sie sich neben die zu pflegende Person. Nehmen Sie die Person bewusst wahr und nehmen Sie sich Zeit auch einmal nicht über Pflege zu reden. Und ganz wichtig und wieder banal: Blickkontakt ist wichtig. Zeigen Sie ehrliches Interesse, auch im stressigen Alltag.

Sport and Ausgleich: Ein Spaziergang nach einem harten Tag hilft viel. Achten Sie auch auf sich! Ihre Bedürfnisse sind ebenso wichtig. Der Alltag ist lang und hart, aber Pflege ist kein Sprint und Ihre Gesundheit ist das wichtigste was es auf der Welt gibt.

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